UPDATE ZUR ANWENDUNG VON ANTIBIOTIKA AUS DER GRUPPE DER FLUORCHINOLONE
Immer noch werden Antibiotika zu leichtfertig verschrieben, z.B. wenn eine leichte Infektion auch ohne Medikamente heilen könnte, oder wenn gar nicht sicher ist, ob es sich wirklich um eine bakterielle und nicht um eine virale Infektion handelt, gegen die Antibiotika wirkungslos sind. Das führt zum bekannten Problem der Resistenzenzentwicklung (die Bakterien entwickeln eine Abwehr gegen die Antibiotika), die die Antibiotika wirkungslos werden lässt, wenn wir sie tatsächlich brauchen. Bei der Gruppe der Fluorchinolone ist jetzt zusätzlich besondere Vorsicht bei der Anwendung geboten, wegen der möglichen schweren unerwünschten Nebenwirkungen, die in Einzelfällen teilweise auch über die Anwendung hinaus über Monate bis dauerhaft anhalten können.
Fluorchinolone ist eine Gruppe von Antibiotika, die häufig – vor allem bei vorliegender Penicillin-Allergie – bei Atemwegsinfekten, Harnwegsinfekten, Mittelohrentzündungen, sowie – sehr umstritten – als Prophylaxe (vorbeugend) der Reisediarrhoe (Reisedurchfall) verschrieben wird.
Zu den Fluorchinolonen gehören folgende in Europa zugelassene Wirkstoffe*: D: Ciprofloxacin, Norfloxacin, Enoxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin, EU: Cinoxacin, Lomefloxacin, Pefloxacin Prulifloxacin und Rufloxacin (leicht erkennbar an der Endung -xacin) sowie Pipemicinsäure, Nalidixinsäure und Flumechin. Die berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen der Fluorchinolon-Antibiotika haben zu Untersuchungen und neuen Restriktionen seitens der EMA (European Medicines Agency (Europäische Arzneimittelagentur)) geführt. Vom Markt genommen wurden: Cinoxacin, Flumechin, Nalidinsäure und Pipemidinsäure. Für alle verbliebenen Wirkstoffe aus der Gruppe der Fluorchinolone wurden Einschränkungen in der Anwendung erlassen.
Zu den gefürchteten schädlichen Wirkungen, über die der Patient auf jeden Fall informiert sein sollte, zählen vor allem: Entzündungen und Risse der Sehnen, Muskelschmerzen und Muskelschwäche, Gelenkschmerzen und Gelenkschwellungen, Schwierigkeiten beim Gehen, Gefühle von Nadelstichen und Kribbeln, brennende Schmerzen, Müdigkeit, Depression, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Sehstörungen, Hörstörungen, Veränderungen des Geschmacks- und Geruchssinnes, erhöhtes Risiko für Aortenaneuryma** und Aortendissektion***
Es können ein- oder mehrere Organsysteme gleichzeitig betroffen sein. Die Sehnenschwellungen und -verletzungen können innerhalb von zwei Tagen oder erst einige Monate nach Beendigung der Einnahme des Medikaments auftreten. Es ist vor allem die Achillessehne betroffen.
Patienten, die ein fluorchinolonhaltiges Antibiotikum einnehmen und eines der oben beschriebenen Symptome bemerken, sollten sofort die Einnahme einstellen und ihren Arzt kontaktieren!
Fluorchinolone sollten daher nur nach sorgfältigster Risiko-Nutzen-Abwägung verordnet werden. Sie sollten nur angewendet werden, wenn alternativ kein anderes Antibiotikum zur Verfügung steht. Ihre Anwendung sollte schweren, lebensbedrohlichen bakteriellen Infektionen vorbehalten werden, bei denen andere Antibiotika nicht ausreichend wirken.
Fluorchinolone sollten nicht angewendet werden für leichte bis mittelschwere Infektionen, wenn alternativ andere Antibiotika zur Verfügung stehen, zur Vorbeugung der Reisediarrhoe (Reisedurchfall) und für nicht-bakterielle Infektionen wie z.B. die chronische Prostatitis.
Zur Risikogruppe, die oben genannten unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu entwickeln, gehören: ältere Menschen, Patienten, die gleichzeitig kortisonhaltige, Präparate einnehmen, Patienten mit eingeschränkter Nierenfuntion, Patienten, die bereits auf Chinolone bzw. Fluorchinolone reagiert haben.
Es ist aber wichtig zu sagen, dass Fluorchinolone ein sehr weites Wirkungsspektrum haben sowohl gegen gramnegative als auch grampositive Bakterien und in bestimmten Fällen schwerer Infektionen lebensrettend sein können, wenn andere Antibiotika versagen. Wichtig ist, dass, wenn, Fluorchinolone nur unter strenger ärztlicher Kontrolle und nach ausführlicher Aufklärung des Patienten über mögliche unerwünschte Wirkungen, verabreicht werden.
Quellen:
Fluorchinolone: Indikationen sollen deutlich eingeschränkt werden
Fluorchinolone
Systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone: Risiko für Aortenaneurysmen und -dissektionen
EMA European Medicines Agency – Effetti indesiderati invalidanti e potenzialmente permanenti hanno comportato la sospensione o restrizioni nell’ uso di antibiotici chinolonici e fluorochinolonici
*Der Wirkstoff ist die aktive Substanz eines Medikaments, die sich hinter verschiedenen Handelsnamen verbergen kann; verschiedene Hersteller bieten den gleichen Wirkstoff unter unterschiedlichen Markennamen an.
**Aortenaneurysma: Aussackung, Erweiterung der Hauptschlagader (Aorta), die bei Fortschreiten reißen kann.
***Aortendissektion: Aufspaltung der Aortenwand, die meist durch einen Riss derselben entsteht. Sie ist unmittelbar lebensbedrohlich.